KLIMAFITTES MUSEUM? NICHT SO LEICHT

Wien. Sie gilt als Highlight der aktuellen Sonderausstellung im Naturhistorischen Museum (NHM): Nora, der in Schönbrunn verstorbene Eisbär, macht, hocherhobenen Hauptes, in „Arktis. Polare Welt im Wandel“ darauf aufmerksam, wie schnell sich ihr Lebensraum – oder zumindest jener ihrer frei lebenden Artgenossen – verändert.

Nicht nur die Museumsbesucher müssen sich mit dem Klimawandel auseinandersetzen. „Wie wird ein denkmalgeschütztes Gebäude klimafit?“ Zu dieser Frage lud Katrin Vohland, NHM-Generaldirektorin, Journalisten am Dienstag in ihr Haus – und blieb eine vollständige Antwort schuldig. Denn das Museum hat sich von dem ursprünglichen Ziel, bis 2030 klimaneutral zu werden, verabschiedet. „Ob wir auf null kommen, das kann ich Ihnen nicht sagen“, sagte Vohland. Was aber nicht heißt, dass man es nicht probiert. Neue Prämisse ist also ein „möglichst CO2-neutrales Museum“. Vielleicht müsse man für einen Rest auch über Kompensationsmaßnahmen nachdenken, so Vohland.

So weit ist man aber noch nicht. „Wir schaffen es jedenfalls nicht mit einer großen Maßnahme, sondern nähern uns mit vielen kleinen Maßnahmen an die Klimaneutralität an“, sagte Christian Fischer, NHM-Leiter für Gebäude und Sicherheit. Herausfordernd sei das nicht nur wegen der Baumasse des knapp 44.000 Quadratmeter umfassenden Museums, sondern auch aufgrund der rund einer Million Besucher pro Jahr, die etwa eine zusätzliche Wärmequelle darstellen.

Fernwärme, Solar und LED

Bereits umgesetzt wurde der Gasausstieg des NHM und der Umstieg auf Fernwärme. Die „LED-Umrüstung“ ist noch im Gange, die aufgrund der schieren Masse von 8000 Lichtpunkten ohne eine EU-Förderung laut Fischer budgetär nicht machbar gewesen wäre. Die Installation neuer Thermostatventilköpfe an 674 Heizkörpern sparten im Jahr 2023 rund 440 Megawattstunden (MWh) an Heizwärme ein, was ungefähr dem Verbrauch von 50 Haushalten entspricht.

Mit Anfang April konnte auch die neue Solaranlage auf dem Dach des Hauses in Betrieb genommen werden. Die erste Solaranlage, noch unter dem ehemaligen NHM-Generaldirektor Bernd Lötsch verwirklicht und mit 1998 als eine der ersten Anlagen Österreichs in Betrieb genommen, wurde entfernt und mit neuen Modulen ausgestattet. Nun komme man auf 260 Kilowattpeak, laut Fischer „ein Ertrag für die Versorgung von umgerechnet 75 Einfamilienhäusern“.

Noch in der Zukunft liegt die Nutzung von Erdwärme: Im Jahr 2021 erfolgte eine 210 Meter tiefe Probebohrung im ersten Innenhof des Hauses. Für historische Gebäude sei Erdwärme im Gegensatz zum Neubau aber nicht so leicht realisierbar, führte Stefan Hoyer von Geosphere Austria aus, die an der Umsetzung beteiligt ist. Deswegen ist das Museum nun Teil eines Forschungsprojekts, um ein Konzept für die Umrüstung auf eine nachhaltige Wärme- und Kälteversorgung zu erarbeiten. Kommendes Jahr soll es Ergebnisse geben.

Für die historischen Säle werde Erdwärme jedenfalls nicht infrage kommen, weil es hier zu wenig Flächen für die „Bauteilaktivierung“, gebe: Stuck an der Decke, Wandmalereien und Vitrinen vor den Wänden machen es schwierig, wasserführende Rohre durch Wände, Decken oder Böden zu führen.

Vielmehr wird das neue „Welcome Center“, das bis 2028 entstehen soll, so nachhaltig erwärmt oder gekühlt. Im Rahmen der Foyer-Umgestaltung – eine solche ist auch für das Kunsthistorische Museum Wien vorgesehen – sollen die Fenster links vom NHM-Haupteingang zu Eingängen, die dann auch barrierefrei sind, erweitert werden.

Neue Schädlinge

Immer wichtiger wird auch die Kühlung des Museums. Schon jetzt komme es zu einer sommerlichen Überhitzung des Hauses. Das wirke sich auf die Gäste aus – es kam bereits zu Hitzekollapsen –, aber auch auf Sammlungsobjekte: So würden der Klimawandel und die zunehmende Hitze neue Schädlinge anlocken, die vor allem die Objekte in der Botanischen und den Zoologischen Abteilungen gefährden. Die Eisbären haben also nicht einmal im ausgestopften Zustand ihre Ruhe von der Erderwärmung.

Sukzessive werden die Fenster von außen beschattet, außerdem sollen in den nächsten Jahren einige der vertikal verlaufenden, historischen Luftschächte für die Kernkühlung des Haues revitalisiert werden. Zusätzliche Fernkälte soll Temperaturspitzen abfangen.

Nicht zuletzt, so Vohland, müssen auch Mitarbeiter und Besucherinnen mit ihrem Verhalten mithelfen, etwa mit einer klimaneutralen Anreise, einem bewussten Warmwasserverbrauch, dass die Klimaneutralität doch noch erreicht wird.

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