TRAUM VOM FERIENHAUS: ITALIENISCHE HäUSER UM EINEN EURO ZU HABEN

Charmantes Häuschen im historischen Zentrum gelegen, drei Zimmer auf drei Stockwerke verteilt, Dachterrasse mit Ausblick, kleiner Balkon in der 2. Etage - all das im Südosten Siziliens, der bekannt ist für seine flach abfallenden Sandstrände und kristallklares Meer. 

Und kosten soll das Ganze: gar nichts. Kaufpreis: 0 (in Worten: null) Euro. Der Besitzer verschenkt es.

Dem Inserat beigestellt ist mittlerweile ein Hinweis: Da das Haus bereits Tausende von Anfragen erhalten hat, werden die Besitzer nicht sofort antworten können. Man bitte um Geduld. Und bitte auch nur Anfragen von Personen, die es auch wirklich ernst meinen. Es wird empfohlen, sich erst vor Ort einen Eindruck von Landschaft, Leuten und Haus zu holen und dann erst die Besitzer mit eventuellen Kaufabsichten zu kontaktieren.

Wer bei obigem Anbot nicht den Zuschlag erhält, für den gibt es keinen Grund Trübsal zu blasen. Immobilienangebote wie das obige, wenngleich um einen Euro teurer, gibt es in Italien zuhauf. In rund 70 Gemeinden werden aktuell Häuser um einen Euro am Markt feilgeboten. (Hinweis: Oft kann durch mehrere Bieter der Kaufpreis steigen bzw. bei manchen Inseraten stellt der ein-Euro-Preis das Startgebot einer Auktion dar.)

Kampf gegen die Landflucht

Damit versuchen italienische Gemeinden der seit Jahren auftretenden Landflucht Einhalt zu gebieten. Wie in vielen anderen Landstrichen dieser Welt, kommt jungen Menschen die Idylle der Dorfwelt schnell zu klein vor, ist die Perspektivlosigkeit mangels Jobs zu groß. Weg vom Land, in die Stadt - dort soll die Hoffnung blühen, das Leben lebenswert sein. Die Folge für viele Dörfer: Sie verwaisen und vergreisen, Schul- oder Kindergartenbetrieb lohnen sich nicht mehr, Einrichtungen werden geschlossen. Die lokale Wirtschaft stirbt langsam und schleichend und die Abwärtsspirale der Bedeutungslosigkeit dreht sich weiter, Immobilien verfallen.

Doch bevor die teils vor Jahrhunderten zum Domizil aufeinander geschlichteten Felssteine endgültig verfallen und als Haufen enden, werden sie günstig veräußert. Neu ist der Trend nicht: Die drei Gemeinden Salemi, Gangi und Carrega Ligurein auf Sizilien und im Piemont kämpfen schon seit über zehn Jahren mit der "Haus um 1 Euro"-Aktion gegen Abwanderung und Verfall.

Schwerpunkt der günstigen Immobilien ist Süditalien, doch auch im Norden gibt es derartige "Schnäppchen": etwa in Ligurien oder der Toskana.

3.000 Einwohner hatte die Gemeinde Vergemoli di Fabbriche in der Toskana vor 50 Jahren. Heute sind es 700. Weil so viele Menschen weggegangen sind, würden viele Häuser leer stehen und verfallen, erklärt Bürgermeister Michele Giannini der ARD tagesschau.

Darum habe man vor zehn Jahren begonnen, als Gemeinde leer stehende Häuser zu kaufen und günstig auf den Markt zu werfen. Mit Erfolg: Etwa 100 Häuser hat die Gemeinde bereits verkauft, ungefähr die Hälfte davon für einen Euro.

Doch nicht alles, was günstig verschleudert wird, findet Abnehmer: In dem mittelalterlichen Dorf Patricia, an der hügeligen Landschaft Latiums nahe Rom gelegen, wurden laut Bürgermeister Lucio Fiordaliso erst zwei Häuser verkauft.

Der Unterschied hier: Während bei den meisten Ein-Euro-Aktionen erst die Gemeinde die Häuser kauft und in einem weiteren Schritt am Markt anbietet, läuft in Patricia der Verkauf direkt über die Eigentümer. Und diese können sich, wenn dann mal ein Käufer gefunden, wegen Familienstreitigkeiten häufig nicht auf den Verkauf einigen. 

Wer Häuser um einen Euro kauft, kauft Ruinen

Auch würde der tatsächliche Zustand vieler Häuser Kaufinteressierte abschrecken, so Fiordaliso. Denn über eines muss man sich bewusst sein, bei all diesen Aktionen. Wer ein Haus um einen Euro kauft, braucht mehr mit als Badehose und Zahnbürste für einen erholsamen Urlaub im malerischen Idyll.

Hier gilt es in erste Linie mal die Hemdsärmel hochzukrempeln: Die meisten der Häuser gleichen Ruinen, sind stark baufällig, auch was Zu- und Ableitungen (Strom, Wasser) betrifft und mit der Immobilie kauft man auch gleich die Pflicht auf Renovierung oder Aufwertung mit (muss meist innerhalb von 365 Tagen erfolgen).

Meist muss gleich mit dem Kaufantrag auch ein Renovierungsvorschlag eingebracht werden, samt Nachweis der erforderlichen Voraussetzungen und eine Verpflichtungserklärung, die Instandsetzungsarbeiten in einem gewissen Zeitrahmen abzuschließen. 

Oft heben Gemeinden als Sicherheit eine Kaution bis zur Höhe von 5.000 Euro ein. Auch Notargebühren fallen an. Schnell sind 10.000, 20.000, 30.000 Euro ausgegeben. Und plötzlich ist das Schnäppchen dann kein Schnäppchen mehr. 

Wer vorhat, Kauf und Renovierung über Vermietung oder gewerbliche Nutzung wieder reinzuholen: Dagegen spricht freilich nichts, allerdings sollte man das schon vor Kauf mit der Gemeinde abklären.

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