90 TAGE, ABER NICHT FüR ALLE: WELCHE REGELN AB 1. JULI FüR AIRBNB IN WIEN GELTEN

Es gibt genug Städte auf der Welt, die ein Problem mit Airbnb haben. Ursprünglich als smarte Idee entwickelt, um kurzzeitig leerstehende Wohnungen besser zu nützen und Touristen ein „Wohnen wie die Einheimischen“ zu ermöglichen, hat die Plattform (und ihre Nachahmer) mittlerweile vielerorts für Wohnungsnot gesorgt. Ironischerweise für Einheimische.

Wohnungsbesitzer haben nämlich schnell bemerkt, dass sich mit Touristen mehr Geld verdienen lässt. Sie vermieteten ihre Wohnungen lieber wochen- und tageweise auf Airbnb, anstatt sie dem Mietmarkt zur Verfügung zu stellen. Die Folgen: Ganze Straßen und Viertel, in denen nur mehr Touristen wohnen. Das Verschwinden von Nachbarschaften, Infrastruktur und Nahversorgung und Einheimische, die in die Peripherie gedrängt werden. Ein tragisches Beispiel hierfür ist etwa das historische Bairro Alto in Lissabon. Aus dem lebendigen Wohnviertel im Herzen der Stadt, wurde ein seelenloser Touristenbeherbergungsort, in dem es untertags gespenstisch still ist und in dem kaum noch Einheimische leben.

Wien verschärft die Regeln

Damit das nicht passiert, haben Städte auf der ganzen Welt mittlerweile strenge Regeln eingeführt. Auch Wien hat relativ bald, nämlich 2018, Begrenzungen eingeführt, die nun mit 1. Juli noch einmal deutlich verschärft werden. Sie gelten freilich auch für vergleichbare Plattformen wie Booking.com.

Das gewerbliche Vermieten von Wohnungen ist dann in der ganzen Stadt verboten. Bisher gab es Limits lediglich für Gegenden, die als Wohnzone gewidmet waren. Nun gilt diese Beschränkung für die ganze Stadt. Wien will mit der Neuregelung verhindern, dass Wohnraum dem Markt dauerhaft entzogen wird. Wer als gewerblicher Vermieter dennoch seine Wohnungen vermieten will, der muss um eine Ausnahmegenehmigung ansuchen.

Für die eigene Wohnung gibt es Ausnahmen

Anders ist die Sachlage bei Privatpersonen, die im Sinne des „Home Sharings“ ihren eigenen Wohnraum auf Airbnb vermieten wollen. Die dürfen das ohne Ausnahmegenehmigung für bis zu 90 Tage im Jahr, um sich etwas „dazuzuverdienen“. Als Beispiel nennt die Stadt Wien in einem Merkblatt, das sie zu dem Thema veröffentlicht hat, etwa Studenten, die über die Ferienzeit nachhause fahren. Unter „Home Sharing“ fällt laut Wiener Baupolizei die eigene Wohnung, die man im Hauptwohnsitz bewohnt, aber auch der Zweitwohnsitz, wenn man ihn zeitweise bewohnt.

Und Achtung: Die 90 Tage haben es in sich: Diese Frist gilt nicht nur für die Vermietung, sondern auch für das Anbieten auf Plattformen, heißt es in dem Merkblatt, der Wiener Baupolizei. Wer länger als 90 Tage vermieten will, muss – genauso wie die gewerblichen Vermieter – um eine Ausnahmegenehmigung ansuchen.

Liegt die Wohnung außerhalb oder innerhalb einer Wohnzone?

Dafür sollte man wiederum herausfinden, ob die Wohnung in einer Wohnzone oder außerhalb liegt. Denn für die Ausnahmeansuchen gibt es unterschiedliche Regelungen.

Zur Bewilligung für eine Wohnung außerhalb einer Wohnzone kommt es etwa nur, wenn sich das Gebäude weder in einem Kleingarten noch auf Grünland befindet. „Und die Wohnung darf nicht mit Wohnbauförderungsmitteln errichtet wor­den sein“, sagte etwa Immobilienrechtsexperte Benedikt Stockert von FSM Rechtsanwälte unlängst in einem Interview mit der „Presse“. Außerdem darf ab 1. Juli nicht mehr als die Hälfe der Wohnungen eines Hauses vermietet werden. Die Mehrzahl der Wohnungen im Haus muss nach wie vor zu Wohnzwecken genutzt werden.

Wer eine Ausnahme für eine Wohnung innerhalb einer Wohnzone möchte, der muss unter anderem sicherstellen, dass „die im Gebäude verbleibende Wohnnutzfläche mindestens 80 % der Summe aller Nutzflächen, jedoch unter Ausschluss des Erdgeschoßes und der Kellergeschoße, beträgt“, heißt es in dem baupolizeilichen Merkblatt.

Die Nachbarn reden mit

Und dann haben die Nachbarn sowieso in jeder Hinsicht noch ein Wort mitzureden. Denn wer seine Wohnung (legal) auf Airbnb und Co. vermieten will, der braucht in der Regel die Zustimmung aller Miteigentümer im Haus. Ein Nachweis, dass alle Bewohner der Vermietung zustimmen, wird auch für die Ausnahmebewilligung verlangt – sagt Gerhard Cech, Leiter der MA 37 (Baupolizei), auf Nachfrage zur „Presse“. Und auch kontrolliert.

Wer als Privatperson weniger als 90 Tage vermietet, der muss diesen Nachweis nicht der Stadt Wien vorlegen. Er könnte aber trotzdem Probleme bekommen, denn nach diversen Gerichtsurteilen müssen in der Regel die anderen Eigentümer der Vermietung zustimmen, wenn die Wohnung noch nicht für diesen Zweck gewidmet ist.

Übrigens, wer eine Mietwohnung und keine Eigentumswohnung vermieten will, der sollte sich informieren, ob eine Untervermietung überhaupt erlaubt ist. Sonst muss er oder sie auch hier mit Problemen rechnen. Weiters ist es auch nicht gestattet, Wohnungen von gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften oder Gemeindewohnungen auf den einschlägigen Plattformen zu inserieren.

Kaum Ansuchen für eine Ausnahmegenehmigungen

Leicht wird es den Airbnb-Anbietern also nicht mehr gemacht, vielleicht ist das auch der Grund, warum es bis Ende Mai gerade einmal 313 Einreichungen für neue Ausnahmegenehmigungen gab (sie werden für fünf Jahre vergeben). Spitzenreiter ist hier der 3. Bezirk mit 37 Anträgen, gefolgt von den Bezirken 10 und 15 mit jeweils 35 und 33 Ansuchen, hieß es kürzlich aus dem Büro von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ). Das dürfte ungefähr 1000 Wohnungen betreffen. Dabei werden in Wien aber rund 11.000 Wohnungen auf Airbnb angeboten.

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